6. Yogaschülerin berichtet

Liebe Schüler Swamijis,

es ist  schon etwas gewonnen, wenn hiermit wenigstens einige von Euch in ihrem Erweckungsprozess vorangebracht werden können.

Wenn wenigstens einigen von Euch bewusst wird, dass die Missbrauchsvorwürfe keine erlogene Anti-Kampagne gegen Swami Maheshwarananda sind, sondern dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit die gemachten Erfahrungen vieler Schülerinnen sind.

Ich möchte mit dem Bericht meiner Erfahrungen mithelfen, diejenigen aufzuwecken, die immer noch glauben,   der Meister sei über jegliche Lust und Gier erhaben und würde so etwas nie tun.

Auch ich war in den Jahren 1991/92 als Mitglied der Hamburger Gruppe eine „Geliebte“ des Meisters. Ich war damals 24 Jahre alt und überaus fasziniert von Swamiji. Sehr schnell habe ich ihn zu meinem Gott erhoben;  sehr schnell hat er sich zum Gott erheben lassen. Ich wollte eine gute Schülerin sein. Ich wünschte mir, ich könnte ihm zeigen, wie echt und tief meine Hingabe ist. Irgendwann in Wien fragte Swamiji mich dann nach meiner „Hingabe“…

Es begann mit der Frage: „Was gibst du mir? Gibst du mir wirklich alles?“

Kommt Euch diese Frage bekannt vor? Sie steht auch auf der Internetseite der vermeintlichen Opfer.

Damals dachte ich, es wäre eine romantische Frage des Meisters an mein individuelles Selbst, heute jedoch habe ich durch die Aussagen der anderen Mädchen begreifen müssen, dass es eine gängige Masche von Swamiji war, um sie zu sexuellen Handlungen zu bringen.
Denn, wer wollte an der richtigen Stelle schon „Nein“ zu so einem mächtigen und sonst so liebevollen Meister sagen?

Bis heute wusste ich nur von einer Handvoll „besonders  naher“ Frauen in Hamburg und Wien.

Von dem Machtmissbrauch zwischen Lehrer und Schüler einmal abgesehen, den ich damals natürlich aus psychologischem Unverständnis heraus geleugnet hätte, geschah jedes meiner besonderen Treffen mit Swamiji damals freiwillig.

Ein großer Teil der Swamiji-Schüler lebt ja heute auch in dem Rausch, dass sie mit Swamiji „Gott“ persönlich kennen. Sie leben einen ungeheuerlichen Absolutismus.Wie erst, stellt euch vor, mag es sich da anfühlen, wenn ein Mädchen, das diesem Absolutismus damals auch verfiel, solche „speziellen“ Erfahrungen mit „Gott“ machen darf? Es war ein unbeschreibliches Gefühl, es hat mich euphorisiert und erhoben. Von meiner persönlichen Seite war es kein Missbrauch, es war eine aufregende Zeit, die zwar zeigt, wie naiv ich damals war, die ich aber nicht missen möchte. Wer erlebt schon solche Abenteuer?

Ist es nicht faszinierend, wie tiefgreifend wir gehirngewaschen waren?

Dass es mehrere dieser „Geliebten“ gab, war schon damals eine unangenehme Erfahrung für mich. Dennoch ließ meine komplette Konditionierung mich bleiben und sicher sein: „Der Meister weiß schon, was er da tut, ich verstehe es nur noch nicht!“ 
 
Immer wieder forderte mich Swamiji auf, nicht darüber zu sprechen und diese besondere Gnade geheim zu halten, sonst würde die Guru-Kripa (Segen des Meisters) verloren gehen. Nun, dass kann man verstehen…

In den Jahren 1992/93 wuchsen meine Zweifel. Ich konnte es nicht verarbeiten, dass jemand, der vorgibt Sannyasin (Mönch) und verwirklicht zu sein, diese versteckten Spielchen treibt.Ich ging.

Es gab noch Freundschaftskontakte zu Schülern.

Diesen Freunden erzählte ich 1995 in einer schwachen Minute von meinen heimlichen Erfahrungen mit Swamiji in aller Ausführlichkeit. Gleich darauf tat mir das aber auch schon sehr leid, denn ich hatte eine so große Angst!

Die Manipulation durch Swamiji und seine engsten Schüler saß immer noch so tief und fest, dass ich dachte, ich werde das Ausplaudern sicher nicht überleben. Ich dachte, jetzt kommen seine mächtigen Siddhis (übersinnlichen Kräfte) oder irgendwelche schlechten Karmas und zerstören mich. Noch dazu erfuhr ich keinerlei Unterstützung von den Freunden, denen ich davon berichtete. Für einige war ich jetzt latent wahnsinnig, andere glaubten es erst, glaubten es dann wieder nicht und zogen sich von mir zurück. Sie blieben
alle bei Swamiji.

Nach ein paar Jahren fing ich wieder an, Swamijis Seminare zu besuchen. Ich konnte es gut für mich trennen,   seine inhaltlich wertvollen Yogavorträge zu hören und mich von der Massenhysterie um ihn herum nicht einfangen zu lassen. Und  -  ich schwieg, zum einen, weil´s keiner verstanden hätte, und zum anderen, weil ich ihm die paar (freiwilligen) Frauen auch von Herzen gegönnt habe.

Ich hatte schon lange meinen inneren Frieden gefunden, in viele Yoga-Stile und moderne philosophische Konzepte hineingeschnuppert, hatte Swamiji weiterhin trotz allem sehr gern und ahnte nicht im Entferntesten, dass das Ausmaß seiner Doppelbödigkeit viel größer ist, als ich dachte.

Von diesen Abuse-Seiten wusste ich nichts. Als mich ein Hamburger Swamiji-Schüler anrief, freute ich mich riesig, nach langer Zeit von ihm zu hören. Er fragte mich, ob ich schon von den Schrecklichkeiten wüsste und ich dachte erst, er meint die Katastrophe in Japan. Aber er erzählte mir von den Vorwürfen gegen Swamiji und fragte mich grundheraus: Du bist doch damals von Swamiji weggegangen. Warum? Hast du auch diese Erfahrungen mit ihm gemacht? Ich fühlte mich ziemlich überfallen von so viel Direktheit und antwortete ihm mit der Wahrheit.

Heute, weil ich durch die aktuellen Meldungen der anderen Mädchen mehr Glaubwürdigkeit bei ihnen erlangt habe, erinnern sich  auch die (meisten) anderen  Freunde wieder an die damaligen Gespräche mit mir…

Ich bin sehr froh über ihren Mut und ihre Unerschrockenheit, sich nun berechtigter Weise von Swamiji abzuwenden, denn ich weiß, dass es einem erst einmal den Boden unter den Füßen wegzieht. Sie haben ihm einen Großteil ihres Lebens gewidmet und er hat sie maßlos enttäuscht.

Ich freue mich aber auch sehr darüber, dass sie jetzt wieder freier denken können und ihr Yoga lichtvoller werden kann.

Für mich ist es sehr interessant, wie sich der Fellowship in Wien jetzt gegenüber diesen internationalen Missbrauchsvorwürfen verhält.

Ich sehe fehlenden Aufdeckungswillen und die fehlende Bereitschaft, wirklich wissen zu wollen. Keiner fragt nach, alle schweigen. Es ist m.E. kein Schweigen aus Gefühlskälte, es ist ein Schweigen aus tiefer Verunsicherung heraus, ob man auch nur den Gedanken gegen den Meister erheben darf. Leider zieht diese Haltung Gefühlskälte nach sich…

Ich habe viel über Manipulation, Gruppenamnesie und natürlich die niederen Temperamente im Menschen in den letzten Tagen lernen dürfen. Und eine Menge über die Angst! Ich erkenne natürlich immer deutlicher, wie gefährlich Personenkult jetzt wirklich sein kann.

Und in diesem Fall sind die Schüler schon gefährlicher als der Meister selbst. Im Grunde braucht Swamiji gar nichts zu machen. Die über Jahre anerzogene Hörigkeit in den Schülern arbeitet für ihn. Und die größte Arbeit erledigt seine uns eingeimpfte Angst vor der Verletzung von Guru-Vakya  (Gurus-Worte sind Gesetz) und vor schlechtem Karma.

Ich bitte euch, meine Geschichte in eure eigene Einschätzung der Vorwürfe gegen Swamiij Maheshwarananda  mit einzubinden. Vielleicht befähigt sie euch, klarer zu sehen.

In Liebe - und in der Hoffnung, dass jeder Einzelne (und auch Swamiji) sich immer wieder für   das   wahre   Licht, die wahre Liebe entscheidet, und für den Frieden in sich selbst, der stärker sein möge, als alle (leider notwendigen) Erschütterungen in der äußeren Welt,

Eure Mira

19. April 2011